refuKey

Projektträger

Projektträger ist das Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen (NTFN e.V.), in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).

Finanzierung

Finanziert wird das Projekt vom Nds. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, mit einer jährlichen Fördersumme von rund 2 Miollionen Euro (Stand 2021).

Laufzeit

seit Mai 2017

Handlungsebene

Das Projekt wird niedersachsenweit umgesetzt. "Kooperative Kompetenzzentren" (= psychiatrische Kliniken und psychosoziale Zentren) im Sinne des refuKey-Konzepts bestehen derzeit in Braunschweig, Göttingen, Lüneburg und Oldenburg. Ambulante Angebote bestehen in Osnabrück und Cuxhaven, dezentrale Gruppenangebote bestehen u.a. in Uelzen, Northeim, Bramsche.

Handlungsfeld

Mit dem Projekt soll die Versorgung psychisch erkrankter sowie traumatisierter Geflüchteter in Niedersachsen verbessert werden. Geflüchtete gelten als besonders vulnerable Population, die eine erhöhte psychiatrische Morbidität aufweist. Gleichzeitig fällt es ihnen aus unterschiedlichsten Gründen schwer, Zugang zu adäquater Behandlung zu finden. Psychosoziale Zentren (PSZ) nehmen sich seit vielen Jahren diesen Problemen an und weisen eine Expertise in flüchtlingsspezifischer psychosozialer und psychiatrisch-psychotherapeutischer Begleitung auf. Dennoch ist je nach Diagnostik und Krankheitsverlauf der Einbezug von psychiatrischen Fachkräften nötig. An dieser Schnittstelle scheitert die Praxis häufig. Ein Wechsel von Patient*innen zwischen den Einrichtungen findet nur sporadisch oder in akuten Notfällen statt. Unterschiedliche methodische Zugänge und fachspezifische Kenntnisse bleiben voneinander getrennt. Dies führt insbesondere in den psychiatrischen Kliniken zu einem sogenannten „Drehtür-Effekt“, da diese häufig nicht adäquat auf die steigende Zahl geflüchteter Patient*innen eingestellt sind. Dies führt zu mangelnder medizinischer Qualität und Frustration, sowohl für das Personal als auch für die Patient*innen.

Ziele

Psychosoziale und psychiatrische Angebote sollen besser miteinander verbunden und Geflüchteten zugänglicher gemacht werden. Zusammen mit dem Ausbau von psychosozialen Versorgungskapazitäten sollen dadurch Qualität und Quantität der Behandlung verbessert werden. Um diese Ziele zu überprüfen, wird eine projektbegleitende wissenschaftliche Evaluation durchgeführt.

Kurzbeschreibung

Mit dem refuKey-Projekt wird erstmals eine strukturierte Zusammenarbeit zwischen psychiatrischen Kliniken und psychosozialen Zentren vereinbart. Hierfür werden bestehende Angebote des NTFN e.V. ausgebaut und Kooperationsverträge mit örtlichen psychiatrischen Kliniken geschlossen. Gemeinsam bilden sie „Kooperative Kompetenzzentren“, in denen Expertise aus der Sozialpädagogik, Psychotherapie, Psychologie und Psychosomatik gebündelt wird. Den Kliniken wird zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt, um die Brückenfunktion zwischen den Partnern zu gewährleisten und nachhaltig transkulturelle Expertise aufzubauen. Es erfolgt eine zielgerichtete und passgenauere Zuweisung der Patient*innen auf die verschiedenen Versorgungsstränge.

Zielgruppe

Zielgruppe sind Geflüchtete, die an Traumafolgestörungen oder psychischen Erkrankungen leiden. Mit der Umsetzung des Projekts soll eine möglichst flächendeckende Versorgung gewährleistet werden. Bei der Standortwahl wurden insbesondere die Standorte der Landesaufnahmebehörde berücksichtigt: mit Kooperativen Kompetenzzentren in Braunschweig, Göttingen, Lüneburg und Oldenburg sowie dem Ausbau dezentraler Angebote u.a. in Osnabrück und Bramsche wurde diesem Umstand Rechnung getragen. Gerade Menschen, die sich noch im Asylverfahren befinden, können so von dem Projekt profitieren.

Maßnahmen zur Erreichung der Zielgruppe

Insbesondere die Psychosozialen Zentren (PSZ) weisen niedrigschwellige und flüchtlingsspezifische Behandlungskonzepte auf, z.B. in Form von Offenen Sprechstunden (bei Bedarf mit Unterstützung von Dolmetschenden). Auch bestehen enge Verbindungen zu verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens und der Flüchtlingssozialarbeit. Durch das niedrigschwellige Behandlungskonzept der Psychosozialen Zentrum (z.B. auch in Form von Gruppenangeboten) kann sodann im Sinne des refuKey-Konzepts eine zielgerichtete und passgenauere Zuweisung der Patient*innen auf die verschiedenen Versorgungsstränge erfolgen.

Kooperationspartner*innen

Das Projekt wird vom NTFN e.V. in Kooperation mit der DGPPN durchgeführt. Zudem bestehen Kooperationsverträge zur Bildung "Kooperativer Kompetenzzentren" mit dem AWO Psychiatriezentrum Königslutter, der Karl-Jaspers-Klinik Wehnen b. Oldenburg, dem Asklepios Fachklinikum Göttingen sowie der Psychiatrischen Klinik Lüneburg. In Oldenburg wird das dortige PSZ gemeinsam mit IBIS e.V. geführt. Die Kooperationen sind durch Verträge festgehalten (Stand April 2021).

Evaluation/Effekte

Ein erster Bericht aus der projektbegleitenden wissenschaftlichen Evaluation wurde 2019 veröffentlicht (Autor*innen: Beata Trilesnik, Leo Eckhoff, Dr. Ibrahim Özkan, Prof. Dr. Iris Tatjana Graef-Calliess). Die Evaluation stellt eine komplexe, naturalistische und multizentrische mixed-methods-Studie dar und setzt sich aus vier Teiluntersuchungen zusammen. Befragt werden hierfür u.a. Expert*innen, Mitarbeiter*innen der teilnehmenden Kliniken, geflüchtete Patient*innen, die im Rahmen des Projekts behandelt werden sowie solche, die an einer projektfremden Klinik behandelt werden (Kontrollgruppe). Der erste Evaluationsbericht hat u.a. den Schulungsbedarf für das Pflegepersonal in den Kliniken ergeben, welche in der folgenden Projektzeit umgesetzt wurden. Die Veröffentlichung des zweiten Evaluationsberichts ist im Frühjahr 2021 vorgesehen.

Schwierigkeiten/Risiken

Zurückhaltung seitens psychiatrischer Kliniken stellten zu Projektbeginn (und teils immer noch) Probleme bei der Umsetzung des Projekts dar. Teils wurde befürchtet, dass das Projekt zu einem Anstieg geflüchteter Patient*innen und damit zu Mehrbelastung führen würde. Offenheit gegenüber der geflüchteten Zielgruppe und der Wille, dem eigenen Behandlungsauftrag für alle Menschen gleichermaßen gerecht zu werden, sind daher Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Schwierigkeiten in der Behandlung von Geflüchteten, die durch das refuKey-Personal während ihrer Arbeit in der Klinik identifiziert werden, kann durch Schulungen und Fortbildungen für das Klinikpersonal begegnet werden, z.B. zu Interkultureller Kompetenz oder transkultureller Behandlung. Diese Fortbildungen sind im Zuge des Projekts kostenfrei.

Nachhaltigkeit

Sofern eine regelmäßige (idealerweise institutionelle) Förderung besteht, kann das Projekt langfristig fortgesetzt werden. Wie in regelmäßigen Gesprächen mit den Kooperationspartnern (und auch in Expert*innen-Interviews im Rahmen der Evaluation) deutlich wurde, sind die kooperierenden Kliniken durchweg zufrieden mit dem Projekt. Es wurde nicht nur eine Verbesserung der Versorgungsqualität für Geflüchtete festgestellt, sondern auch einen Rückgang des "Drehtür-Effekts" sowie eine Entlastung für das Klinikpersonal, das durch das refuKey-Projekt besser auf geflüchteten Patient*innen vorbereitet ist.

Übertragbarkeit

Nach aktuellem Stand (April 2021) werden "Kooperative Kompetenzzentren" im Sinne des refuKey-Konzepts in den Regionen Braunschweig, Göttingen, Lüneburg und Oldenburg umgesetzt. Die Umsetzung in weiteren Regionen, z.B. in Osnabrück, wäre durch vorhandene psychosoziale Strukturen des NTFN e.V. möglich. Hierfür wünschen wir uns eine kooperierende psychiatrische Klinik.

Weitere Informationen

Mehr Informationen finden Sie auf www.ntfn.de sowie www.refuKey.org.

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